Nachfolgend ein Beitrag vom 29.1.2019 von Kunkel/Kunkel, jurisPR-HaGesR 1/2019 Anm. 4
Orientierungssatz
Der Beitritt eines Minderjährigen in eine Vermögensverwaltungs-KG unterliegt nur dann der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB, wenn die Gesellschaft den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts bezweckt, so dass insofern nicht die Rechtsform der Gesellschaft, sondern allein maßgeblich ist, ob der Gesellschaftsvertrag inhaltlich auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ausgerichtet ist.
A. Problemstellung
Das OLG Dresden hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der (schenkweise) Beitritt eines Minderjährigen zu einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft (KG) der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf.
Bemerkenswert und aus Sicht der Kautelarpraxis erfreulich ist, dass sich innerhalb kurzer Zeit zwei Oberlandesgerichte mit der Frage des Minderjährigenbeitritts in eine vermögensverwaltende KG zu befassen hatten: Neben der vorliegend kommentierten Entscheidung des OLG Dresden hatte sich das OLG Köln (Beschl. v. 26.03.2018 – 4 Wx 2/18) im Kern mit der Frage auseinanderzusetzten, ob der Gesellschaftseintritt für den beschränkt Geschäftsfähigen lediglich (rechtlich) vorteilhaft ist, so dass er die erforderliche Registeranmeldung selbst abgeben könnte.
Beide Entscheidungen geben der Kautelarjurisprudenz Hinweise sowohl für die Ausgestaltung des Gesellschaftsbeitritts als auch für die Registeranmeldung, und zwar einerseits hinsichtlich der Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers, andererseits hinsichtlich der Einholung einer familiengerichtlichen Genehmigung.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Eine Mutter schenkte ihren noch minderjährigen Kindern ihre vollständig erbrachten Kommanditanteile im Wert von je 360 Euro an einer Familien-KG, deren Gesellschaftszweck sich alleine auf die Verwaltung des eigenen Vermögens richtet.
Die Anmeldung des Kommanditistenwechsels im Wege der Sondernachfolge der Beteiligten zum Handelsregister wurde vom zuständigen Registergericht mit einer Zwischenverfügung zurückgewiesen, mit der die Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung nach den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 Var. 2 BGB verlangt wurde. Der Eintritt eines Minderjährigen in eine KG sei genehmigungspflichtig. Ihn treffe jedenfalls das Haftungsrisiko des § 172 Abs. 4 HGB, wenn die Einlage an ihn zurückgezahlt werde oder er Gewinnanteile entnehme. Zudem gehe er als Mitgesellschafter eine langfristige Bindung mit einer Vielzahl von Rechten und Pflichten ein.
Das Registergericht half der hiergegen eingelegten, statthaften Beschwerde gemäß § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG nicht ab. Sie hatte vor dem zuständigen OLG Dresden Erfolg.
Die angemeldete Änderung der Kommanditisten bedürfe keiner familiengerichtlichen Genehmigung, da es sich vorliegend um eine nicht gewerblich tätige Vermögensverwaltungs-KG handele. Diese Entscheidung wird im Kern wie folgt begründet:
Eine Genehmigung sei jedenfalls nur dann erforderlich, wenn die Vermögensverwaltungsgesellschaft eine geschäftsmäßige, gleichsam berufliche Tätigkeit erfordere, die Gesellschafter ein unternehmerisches Risiko übernähmen, die Gesellschaft die Verwaltung, Vermietung und Verwertung gewerblich nutzbarer Immobilien von erheblichem Wert zum Gegenstand habe (vgl. Besprechungsentscheidung m. Verw. a. OLG München, Beschl. v. 06.11.2008 – 31 Wx 76/08 m.w.N.; OLG Bremen, Beschl. v. 16.06.2008 – 2 W 38/08; „im Ergebnis ebenso, wenn auch mit dogmatisch wenig nachvollziehbarer Begründung“ OLG Jena, Beschl. v. 22.03.2013 – 2 WF 26/13; LG Münster, Beschl. v. 18.07.1996 – 5 T 383/96 – FamRZ 1997, 842; Kroll-Ludwigs in: MünchKomm BGB, 7. Aufl. 2017, § 1822 Rn. 21; Lafontaine in: jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1822 Rn. 45; Veit in: Staudinger, BGB, 2014, § 1822 Rn. 75 ff.). Vorliegend handele es sich jedoch unbestritten um eine reine Vermögensverwaltungs-KG, was sich auch in ihrem Namen widerspiegele. Zudem unterstreiche die geringe Höhe der Kommanditeinlagen, die personelle Zusammensetzung der KG ausschließlich aus Familienmitgliedern sowie schließlich das (unbestrittene) gesellschaftsvertragliche Verbot gewerblicher Tätigkeit zusätzlich den vermögensverwaltenden, weder erwerbswirtschaftlich ausgerichteten noch mit erheblichen unternehmerischen Risiken verbundenen Charakter der KG.
C. Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung befasst sich mit der Beteiligung Minderjähriger an Familiengesellschaften und damit mit einer in der kautelarjuristischen Praxis häufig streitbefangenen Schnittstelle von Gesellschafts- und Familienrecht, bei der es regelmäßig einerseits um die Erforderlichkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers und andererseits um die Genehmigungspflicht des Vormundschaftsgerichts geht:
So hatte das OLG Köln (Beschl. v. 26.03.2018 – 4 Wx 2/18, mit Darstellung des Meinungsstands) sich mit der in Rechtsprechung und Literatur bereits seit langem umstrittenen Frage zu befassen, ob der Erwerb einer Kommanditbeteiligung an einer Vermögensverwaltungs-KG für einen Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist oder nicht, so dass ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger selbst auf der Erwerberseite auftreten kann (§ 107 BGB). Im Ergebnis hatte das Gericht entschieden, dass die schenkungsweise Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils an einer Vermögensverwaltungs-KG unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung in das Handelsregister lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.d. § 107 BGB ist, so dass die entsprechenden Angebote von einem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen selbst angenommen werden können.
In der vorliegenden Entscheidung des OLG Dresden ging es allein um die Frage der Genehmigung des Beitritts durch das Familiengericht.
Die §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 Var. 2 BGB bestimmen, dass Eltern die Genehmigung des Familiengerichts benötigen, wenn sie im Namen ihrer minderjährigen Kinder einen Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts schließen.
Dabei stellt das OLG Dresden richtigerweise auf den Wortlaut von § 1822 Nr. 3 BGB ab, der nicht den Beitritt des Minderjährigen zu einer bereits existierenden Gesellschaft erfasse. Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Genehmigungsbedürftigkeit des Beitritts eines Minderjährigen zu einer KG liege bislang nicht vor. Allerdings sei nach der BGH-Rechtsprechung (Besprechungsentscheidung m. Verw. a. BGH, Urt. v. 20.02.1989 – II ZR 148/88) die schenkungsweise Übertragung eines GmbH-Anteils nicht nach § 1822 Nr. 3 BGB genehmigungsbedürftig, da dies etwas anderes sei als der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages.
Ob die besondere Schutzwürdigkeit eines Minderjährigen eine entsprechende Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB auf den KG-Beitritt erfordere, hat das OLG Dresden zwar leider offengelassen. Richtigerweise hat das OLG Dresden aber – mit Verweis auf eine Entscheidung des OLG München (Beschl. v. 06.11.2008 – 31 Wx 76/08) – darauf abgestellt, dass die Genehmigungsbedürftigkeit nicht an die Rechtsform der Gesellschaft anknüpfe, sondern daran, ob der Gesellschaftsvertrag inhaltlich auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist. Da auch Gesellschaften, die nur eigenes Vermögen verwalten, als Kommanditgesellschaften in das Handelsregister eingetragen werden können (vgl. die §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB), sei der Beitritt zu diesen somit genehmigungsfrei, wenn die vermögensverwaltende KG nicht zugleich auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes gerichtet sei.
Damit steht die Entscheidung des OLG Dresden in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre (vgl. statt vieler die Übersicht zum Meinungsstand bei Kroll-Ludwigs in: MünchKomm BGB, § 1822 Rn. 21 m.w.N.) und verdient im Ergebnis Zustimmung.
Allerdings überzeugt die Subsumtion nicht: Das Gericht würdigt zwar eine Vielzahl von Aspekten, die auf eine Vermögensverwaltung der betroffenen KG hindeuten, stellt aber nicht auf den Gesellschaftsvertrag ab. Abschließend stellt aber das Gericht selbst noch einmal klar, sofern die KG abweichend von dem ursprünglichen Gesellschaftszweck eine „anders gelagerte, erheblich umfangreichere Vermögensverwaltung aufnehmen möchte, die dann als Erwerbsgeschäft anzusehen ist, ändert sie ihren Gesellschaftsvertrag in wesentlicher Weise. Gehören ihr dann minderjährige Gesellschafter an, ist diese Änderung genehmigungspflichtig und entfaltet ohne Genehmigung keine Wirkung für und gegen die Minderjährigen“ (Besprechungsentscheidung m. Verw. a. OLG München, Beschl. v. 06.11.2008 – 31 Wx 76/08).
Insofern stellt das Gericht selbst seine vorherige Subsumtion in Zweifel: Eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit der Gesellschaft hätte sich hiernach allein aufgrund des Gesellschaftsvertrags zweifelsfrei ermitteln lassen, auf dessen Vorlage das Beschwerdegericht jedoch zu Unrecht verzichtet hatte.
D. Auswirkungen für die Praxis
Auch nach dieser Entscheidung (und der ebenfalls angesprochenen jüngsten Entscheidung des OLG Köln) ist noch nicht abschließend geklärt, welche Erfordernisse bei der Beteiligung Minderjähriger an Familiengesellschaften insbesondere im Hinblick auf eine Genehmigungspflicht durch das Vormundschaftsgericht sowie (insoweit mit der Entscheidung des OLG Köln weitergehend) hinsichtlich der Bestellung von Ergänzungspflegern einzuhalten sind.
Die Genehmigungsbedürftigkeit muss deshalb stets im Einzelfall gewissenhaft geprüft werden. So kann selbst bei einer vermögensverwaltenden KG eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sein, wenn diese beispielsweise erhebliche Vermögenswerte (insbesondere zahlreiche Immobilien) verwaltet oder wenn dem Minderjährigen zusätzliche Pflichten auferlegt werden, die den Beitritt nicht als rein rechtlich vorteilhaft bewerten lassen.
Dementsprechend sollte die kautelarjuristische Praxis im Vorfeld mit dem Familien- und Registergericht klären, ob (in Ergänzung zu vorliegender Entscheidung m. Verw. auf die angesprochene Entscheidung des OLG Köln) ein Ergänzungspfleger und eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sind. Sind nämlich diese Änderungen am Gesellschafterkreis genehmigungspflichtig, entfalten sie ohne Genehmigung keine Wirkung für und gegen die Minderjährigen.
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