OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2015 – 31 Wx 54/15 –, juris

Leitsatz

1. Die falsche Vorstellung eines Erben, eine gegen den Nachlass gerichtete Forderung sei verjährt, betrifft die Zusammensetzung des Nachlasses hinsichtlich seines Bestandes an Aktiva und Passiva.
2. Insoweit liegt ein Irrtum des Erben über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses vor, wenn nach Durchführung eines Zivilverfahrens feststeht, dass die Forderung entgegen der Vorstellung des Erben nicht verjährt ist, und sich der Nachlass nunmehr als überschuldet erweist.


Anmerkung: Der als Leitsatz veröffentlichte Beschluss des OLG München betrifft einen der sehr häufigen Fälle, in denen sich erst späterhin herausstellt, dass der Nachlass überschuldet ist. In derartigen Fällen muss die Haftung der Erben beschränkt werden. Eine der Optionen ist die Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist wegen Irrtums. Ist das nicht (mehr) möglich oder nicht gewollt, besteht auch die Option der Beantragung einer Nachlassinsolvenz. Antragsberechtigt ist u.a. jeder Erbe. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Nachlassverwaltung zu beantragen. Hier sind allerdings nur alle Erben gemeinsam zur Antragstellung berechtigt. Welche der konkreten Möglichkeiten genutzt werden sollen, ist abhängig von dem zugrundeliegenden Sachverhalt. Die beiden letztgenannten Möglichkeiten jedenfalls geben dem oder den Erben die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses in die Hand, die Haftung wird beschränkt auf den Bestand des Nachlasses und der Erbe haftet nicht mit seinem Privatvermögen.