OLG München, Beschluss vom 15. Juni 2015 – 34 Wx 513/13 –, juris

Leitsatz

1. Zur Auslegung einer dem Mitgesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts erteilten transmortalen Vollmacht.
2. Eine transmortale, unwiderrufliche Grundbuchvollmacht für den Mitgesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann wirksam dazu ermächtigen, eine Vormerkung ohne die Mitwirkung nachfolgeberechtigter Erben in den Gesellschaftsanteil des Verstorbenen zu bewilligen.

Aus den Gründen

Aus dem Wortlaut der Vollmacht folgt noch nicht eindeutig, ob damit eine (organschaftliche oder rechtsgeschäftliche) Vertretung als Gesellschafter der GbR gemeint ist. Bei der Auslegung der Vollmacht (§ 133 BGB) ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (BGHZ 91, 352/355; 113, 374/378). Die Formulierung der Vollmacht erlaubt den Schluss auf eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zum Handeln in der Eigenschaft als Gesellschafter für die GbR. Zweck der Vollmacht, die die Mitgesellschaftereigenschaft des Beteiligten zu 1 als Vollmachtnehmer anspricht, ist die Veräußerung eines von der GbR betriebenen Wasserwerks sowie von Grundstücken der GbR. Die Vollmacht war damit auf die Abgabe von Erklärungen zu Gunsten und zu Lasten der Gesellschaft gerichtet, die als Mitgesellschafter – und nicht nur als Geschäftsführer – abgegeben werden können. Das dritte in der Urkunde genannte Grundstück sollte erst für die GbR erworben werden und die Vollmacht auch für eine Auflassung erteilt sein. Das deutet ebenfalls auf den Willen hin, der bevollmächtigten Person Rechtsmacht dafür einzuräumen, als (Mit-) Gesellschafter der GbR über deren Grundstücke zu verfügen bzw. solche für sie zu erwerben.
Seinerzeit, im Jahr 2007, hatte sich in der Rechtsprechung zwar bereits die Auffassung durchgesetzt, dass die GbR selbst, wiewohl keine juristische Person, (teil-) rechtsfähig ist (grundlegend BGH NJW 2001, 1056). Geklärt war damals ebenfalls, dass die GbR selbst, nicht die „als GbR“ eingetragenen Gesellschafter, Eigentümerin der Immobilie ist (BGH NJW 2006, 2191; 2006, 3717). Umstritten war noch, ob die erwerbende GbR als solche grundbuchfähig ist (BGH NJW 2009, 594 m. w. N.). Dass ein Gesellschafter in Vollmacht der anderen Gesellschafter für die GbR erwerben konnte, stand aber auch bereits vor der Anerkennung ihrer Grundbuchfähigkeit nicht generell in Frage (vgl. Senat vom 26.8.2009, 34 Wx 54/09 = FGPrax 2009, 257/258). Zweifelhaft mögen die Anforderungen an die Formulierung einer unmissverständlichen Vollmacht für die Gesellschafter zum Abschluss eines Grundstücksgeschäfts der GbR gewesen sein. Die genannten Umstände, wie auch die Tatsache, dass der Vertreter namens des Johann Z. sowohl Grundpfandrechte als auch Dienstbarkeiten auf den Grundstücken der GbR bestellen und beantragen können sollte, lässt jedoch nur den Schluss zu, dass damit eine Vollmacht zur Abgabe von Erklärungen namens des Vollmachtgebers in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der GbR erteilt ist. Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass die Kosten der Urkundenerrichtung von der Gesellschaft getragen wurden.
Damit ist aus dem Wortlaut der Urkunde auch für das Grundbuchverfahren hinreichend klar, dass die – in der Form des § 29 GBO nachgewiesene – Vollmacht die Vertretung der GbR durch den Beteiligten zu 1 als Mitgesellschafter über bestimmte gesellschaftsbezogene Gegenstände regelte.
3. Hier konnte der Beteiligte zu 1 im eigenen Namen sowie wirksam für den Gesellschaftsanteil des Erblassers aufgrund transmortaler Vollmacht (§ 167 BGB; Senat vom 15.11.2011, 34 Wx 388/11 = ZEV 2012, 376; OLG Frankfurt FamRZ 2012, 155; siehe Palandt/Weidlich BGB 74. Aufl. vor § 2197 Rn. 9 f.; Palandt/Ellenberger § 168 Rn. 4) handeln (vgl. RGZ 114, 351/354). Die Fortgeltung der Vollmacht vom 19.2.2007 über den Tod des Vollmachtgebers hinaus ist ausdrücklich angeordnet. Sie wirkt trotz der beschlossenen Auflösung der GbR und trotz des erklärten Widerrufs durch den Nachlasspfleger fort, bis feststeht, dass und welche der nachfolgeberechtigten Erben Gesellschafter der GbR geworden sind. Denn ab diesem Zeitpunkt nimmt – auch wenn die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt sein sollte – nicht mehr diese die Rechte des Erblassers als Gesellschafter wahr. Vielmehr vertreten dann die eingetretenen Gesellschafter mit dem vorhandenen die Gesellschaft.