Nachfolgend ein Beitrag vom 3.7.2018 von Linnartz, jurisPR-FamR 13/2018 Anm. 5

Leitsätze

1. Kosten für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung können bei den aus der Verwaltung des Nachlasses erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.
2. Werden aus der Verwaltung des Nachlasses noch andere Einkünfte erzielt, kommt eine Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers nach dem Nachlasswert bemisst.
3. Für die Aufteilung der einheitlichen Kosten der Testamentsvollstreckung auf verschiedene Einkunftsarten kommt es auf die Zusammensetzung des Nachlasses im jeweiligen Veranlagungszeitraum an.

A. Problemstellung

Bei einer auf Dauer angelegten Testamentsvollstreckung können hieraus resultierenden Kosten aus der Verwaltung von Kapitalvermögen oder Immobilienbesitz in den Einkunftsarten Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen als Werbungskosten abgezogen werden. Die BFH-Entscheidung setzt sich mit der Frage auseinander, wie die Kosten für die Verwaltung von Immobilienbesitz oder Kapitalvermögen bei einer Vergütung, die sich nach dem Nachlasswert bemisst, aufzuteilen sind.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

2002 verstarb die Erblasserin. In ihrem Nachlass befanden sich zwei vermietete Mehrfamilienhäuser (19,33% des Nachlasses) und Kapitalvermögen (80,67% des Nachlasses). Sie wurde von ihrer Tochter (Klägerin und Revisionsklägerin) beerbt. Die Erblasserin hatte zudem Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Als Vergütung für die Dauertestamentsvollstreckung war für jedes Jahr – bei einer angeordneten Testamentsvollstreckung für 20 Jahre – 1,5% vom Bruttonachlass vorgesehen. Bis zum Jahr 2008 machte die Tochter die Vergütung des Testamentsvollstreckers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung geltend. Die Kosten wurden den Einkunftsarten im Verhältnis ihrer Nachlasswerte im Zeitpunkt des Erbfalls zugeordnet. Für das Kalenderjahr 2009 wurde entsprechend der Werte der Einkunftsarten im Zeitpunkt des Todes eine Aufteilung vorgenommen. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 und 2011 machte die Klägerin 90% der Aufwendungen für die Testamentsvollstreckung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt veranlagte 2009 erklärungsgemäß. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie begehrte die Berücksichtigung von 90% der Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Dies begründete sie damit, dass 90% des Zeitaufwandes der Testamentsvollstreckung auf die Verwaltung der beiden Immobilien entfallen sei.
Auch in den Kalenderjahren 2010 und 2011 verteilte das Finanzamt die Aufwendungen der Testamentsvollstreckung nach dem Verhältnis der Immobilienwerte im Zeitpunkt des Erbfalls.
Gegen diese Steuerbescheide legte die Klägerin ebenfalls Einspruch ein. Alle eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Die Testamentsvollstreckung führe zwar zu Werbungskosten, diese seien aber unter den Einkunftsarten aufzuteilen. Die Aufteilung habe dabei nach dem Wert der Einkunftsarten im Verhältnis zum Bruttonachlass im Todeszeitpunkt zu erfolgen.
Die hiergegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos. Die Tochter legte Revision zum BFH ein.
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Nach Ansicht des BFH war der Ansatz des Finanzgerichtes, dass die einheitliche Vergütung für die Dauervollstreckung sich nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls bestimmt, ebenso fehlerhaft wie die Ablehnung einer davon abweichenden Aufteilung.
Nach der Entscheidung des BFH können zunächst Kosten der Verwaltungsvollstreckung, die mit im Nachlass erzielten Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, als Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) berücksichtigt werden. Im hier entschiedenen Fall haben die Kosten der Dauervollstreckung im Zusammenhang mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gestanden. Der Testamentsvollstrecker hatte Aufgaben ähnlich denen eines Hausverwalters wahrzunehmen.
Entsprechendes gelte im Hinblick auf die Vergütung für die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Insoweit könnten seit 2009 jedoch Werbungskosten nicht mehr abgezogen werden (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG).
Sofern aber Kosten bei mehreren Einkunftsarten anfallen, seien sie aufzuteilen. Einer Aufteilung der einheitlichen Vergütung auf die Einkunftsarten mit den Quoten ihres Wertes im Zeitpunkt des Erbfalles erteilte der BFH eine Absage. Vielmehr sei auf die Verkehrswerte der sich im Nachlass befindlichen Einkunftsarten unter Berücksichtigung der Werte im jeweiligen Veranlagungszeitraum abzustellen. Sofern die jeweiligen Verkehrswerte nicht ermittelt werden könnten, seien sie zu schätzen (§ 162 AO).
Die Ansicht des Finanzgerichtes stehe nicht nur im Widerspruch zu dem Abschnittsprinzip (§§ 2 Abs. 7, 25 Abs. 1 EStG), sondern könne auch zu rechtlich nicht haltbaren Ergebnissen führen: Hätten sich im Zeitpunkt des Erbfalls nur Immobilien im Nachlass befunden, könnten bei einer einheitlichen Vergütung der Testamentsvollstreckung später immer noch Aufwendungen berücksichtigt werden, auch wenn sich dann – beispielsweise wegen einer Vermögensumschichtung – nur noch Kapitalvermögen im Nachlass befunden hätte. Im umgekehrten Fall, dass sich später nur noch Immobilien in dem verwalteten Nachlass befunden hätten, wäre ein Kostenabzug wegen § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ab 2009 vollständig ausgeschlossen, obwohl Kosten im Zusammenhang mit Einnahmen des Nachlasses gegeben wären. Dies widerspreche dem Nettoprinzip.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung weist mit nachvollziehbaren Argumenten auf die Notwendigkeit der Korrektur der Entscheidung des Finanzgerichtes hin.
Klarstellend hält die Entscheidung des BFH an der Rechtsansicht fest, dass Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erbfall und dem Übergang des Vermögens des Erblassers auf den Bedachten stehen, dem steuerlich unbeachtlichen Privatbereich zuzurechnen sind. Auch die Aufwendungen für eine Testamentsvollstreckung führen in der Regel nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten (BFH, Urt. v. 22.01.1980 – VIII R 47/77 – BStBl II 1980, 351). Liegen aber Kosten der Verwaltungsvollstreckung vor, die im Zusammenhang mit Einnahmen stehen, sind sie als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen (BFH, Urt. v. 22.01.1980 – VIII R 47/77 – BStBl II 1980, 351).
Im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehen die Kosten der Verwaltungsvollstreckung, wenn der Testamentsvollstrecker die Stellung eines Hausverwalters/Hausmeisters wahrnimmt und die Substanzerhaltung im Vordergrund steht (Schallmoser in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 21 EStG Rn. 400; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9, B850 „Hausverwalter“).
Umfasst die Dauervollstreckung mehrere Einkunftsarten, sind die Kosten entsprechend ihrer Veranlassung aufzuteilen (BFH, Urt. v. 10.06.2008 – VIII R 76/05 – NJW 2008, 3742).
Sofern eine anteilige Zuweisung der Kosten nicht möglich ist, ist die im Vordergrund stehende Einkunftsart entscheidend (BFH, Urt. v. 06.04.2016 – I R 61/14 – BStBl II, 2017, 48).
Der BFH stellt sodann klar, dass die Zusammensetzung des Nachlasses in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum individuell zu beachten ist. Diese Werte sind dann die Grundlage einer Aufteilung der Kosten. Dabei ist der Veranlassungszusammenhang im jeweiligen Kalenderjahr zu beachten. Die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers prägt insoweit den Veranlassungszusammenhang (BFH, Urt. v. 01.06.1978 – IV R 36/73 – BStBl II 1978, 499).
Das Abstellen auf die Wertverhältnisse der Einkunftsarten im Zeitpunkt des Erbfalls stellt im Übrigen auch eine klare Verletzung der Abschnittsbesteuerung (§§ 2 Abs. 7, 25 Abs. 1 EStG) dar.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Entscheidung stellt zunächst klar, dass Kosten der Dauervollstreckung als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind. Kommt es zu einer Berücksichtigung der Kosten, ist bei der Zuordnung zu den einzelnen Einkunftsarten deren jeweiliger Vermögenswert im relevanten Kalenderjahr zu beachten.
Bemisst sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers aufgrund des Testaments nach einem bestimmten Prozentsatz des Nachlasswertes, kommt wegen dieser Vorgabe des Erblassers eine Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen Zeitaufwand für die Verwaltung der Einkünfte nicht in Betracht.
Ggf. ist im Rahmen der Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung die Vergütung explizit und nicht pauschal zu regeln.

Dauertestamentsvollstreckung: Werbungskostenabzug bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Carsten OehlmannRechtsanwalt
  • Fachanwalt für Steuerrecht
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Dauertestamentsvollstreckung: Werbungskostenabzug bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Silvia SlubikSteuerberater
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