BGH, Beschluss vom 27. August 2014 – XII ZB 133/12 –, juris

Leitsatz

1. Der Wert des Nachlasses im Sinn des § 1836e Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB ist durch Abzug der Nachlassverbindlichkeiten von dem Aktivvermögen zu ermitteln. Zu den zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten gehören dabei vor allem diejenigen Verpflichtungen, die vom Erblasser herrühren oder die im Zeitpunkt des Erbfalls bereits dem Grunde nach angelegt waren und wegen ihrer Zwangsläufigkeit für den Erben Vorrang beanspruchen können.
2. Demgegenüber mindern gleich- oder gar nachrangige Nachlassverbindlichkeiten den Nachlasswert nicht. Die aus einer Vermächtnisanordnung folgende Verpflichtung ist gegenüber dem staatlichen Regressanspruch nachrangig und daher ohne Einfluss auf den Nachlasswert.
3. Die Berücksichtigung von im Nachlass befindlichen Vermögensgegenständen bei der Inanspruchnahme der Erben setzt voraus, dass die Gegenstände verwertbar sind. Verwertung bedeutet jede Art der finanziellen Nutzbarmachung. Eine Immobilie kann daher grundsätzlich nicht nur veräußert, sondern auch beliehen werden, um mit dem Darlehen die Vergütungsforderung zu tilgen.
4. Eine besondere Härte im Sinn des § 102 Abs. 3 Satz 3 SGB XII ist nur bei außergewöhnlich gelagerten Sachverhalten anzunehmen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unbillig erscheinen lassen, den Erben für den Kostenersatz in Anspruch zu nehmen. Sie muss besonders gewichtig sein, also objektiv besonders schwer wiegen, und sich in der Person des Erben realisieren (im Anschluss an BSG, 23. März 2010, B 8 SO 2/09 R, NVwZ-RR 2010, 892).