Nachfolgend ein Beitrag vom 13.2.2018 von Linnartz, jurisPR-FamR 3/2018 Anm. 6
Orientierungssätze
1. Die Unterschrift des Erblassers auf der zweiten Seite eines nicht untrennbar miteinander verbundenen Testaments genügt für die Einhaltung der Form des § 2247 Abs. 1 BGB, wenn sich die Zusammengehörigkeit des Textes auf den beiden Seiten aus der fortlaufenden Nummerierung im Text und den angegebenen Seitenzahlen auf dem Testament ergibt (Anschluss OLG Hamm, 19.09.2012 – I-15 W 420/11 – ZErb 2013, 14).
2. Nachträgliche Änderungen in der Testamentsurkunde, die vom Erblasser im ursprünglich geschriebenen Testament bereits angekündigt wurden, sind unschädlich, wenn der Erblasser die Änderungen und Streichungen auf der Originalurkunde vermerkt und diesen Vermerk unterschrieben hat und die vorgenommenen Streichungen und Änderungen von der Strichstärke und Farbe der Schrift dem Vermerk über die Änderungen entsprechen, sowie inhaltlich in sich stimmig sind und das gesamte Vermögen des Erblassers verteilen, so dass keine Widersprüche entstehen oder Lücken verbleiben.
A. Problemstellung
Die Entscheidung des KG befasst sich mit der Formunwirksamkeit eines Testaments, in dem die Änderungen nicht unterschrieben wurden, sondern sich am Anfang des Testaments ein Hinweis auf beabsichtigte Änderungen befand.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Am 05.02.2012 verfasste die unverheiratete, kinderlose Erblasserin handschriftlich ihr Testament, das sie auch unterschrieben hatte. Überschrieben war das Testament mit „mein vorläufig letzter Wille: – Testament – , in Kürze“. In Punkt 1 ordnete die Erblasserin Testamentsvollstreckung an. Wünsche zu ihrer Beisetzung äußerte die Erblasserin unter Punkt 2. Punkt 3 überschrieb die Erblasserin mit den Worten: „Jetzt zu der Verteilung meines Vermögens: …“. Abgeschlossen wurde das Testament mit der Unterschrift der Erblasserin und der Angabe „zu Berlin, 5.2.2012“.
Am Anfang des Testaments, vor dem ursprünglichen Testamentstext fügte die Erblasserin folgenden unterschriebenen Zusatz ein: „Mit Änderungen. Streichung von mir am 25. Februar 2014“.
Zu Punkt 3 wurde in dem Testament, Änderungen und Streichungen eingefügt, die sich auf der zweiten Seite mit der Unterschrift der Erblasserin befinden. In Abänderung der zunächst festgelegten Regelung zur Verteilung des Vermögens unter Punkt 3a bestimmt die Erblasserin am Ende: „…. oder 2/3 des Vermögens? geteilt durch 3! = vorrangig!“.
Unter dem Unterpunkt „3b – Restvermögen – je nachdem, was übrig ist:“ bestimmt die Erblasserin am Ende: „…. 1/3 des Vermögens für 6. Positionen gleiche Anteile!“.
Am 25.09.2014 verstarb der Erblasserin. Der Testamentsvollstrecker beantragte sodann einen Erbschein mit den Beteiligten zu Ziffer 7, 5 und 9 zu je 2/9 Anteil und die Beteiligten zu Ziffer 4 und 11 bis 15 zu je 1/18 Anteil. Es entstand sodann Streit darüber, ob die Änderungen des Testaments wirksam sind, weil die Änderungen nicht gesondert unterschrieben worden waren. Mit dieser Erwägung wurde der Erbscheinsantrag abgewiesen. Gegen diesen Beschluss richteten sich sodann die Beschwerden einiger der Beteiligten. Es kam nicht zu einer Abhilfe der Entscheidung durch das Nachlassgericht.
Das KG hat entgegen der Ansicht des Nachlassgerichts entschieden. Nach Ansicht des KG waren die Voraussetzungen für den beantragten Erbschein gegeben. Gegen ein formwirksames Testament spreche nicht, dass keine untrennbare Verbindung der zwei Seiten des Testaments vorliege. Die Zusammengehörigkeit der zwei Seiten des Testaments ergebe sich aus der fortlaufenden Nummerierung der einzelnen Punkte und der angegebenen Seitenzahlen.
Das KG kam auch zu der Überzeugung, dass die Änderungen des Testaments von der Erblasserin persönlich stammen. Dafür spreche neben der Art und Weise der Ergänzung auch deren Ankündigung in Text des Ausgangstestaments.
Die Testamentsänderungen seien dann in der gebotenen handschriftlichen Form des § 2247 Abs. 1 BGB erfolgt. Die Unterschrift am Ende des Testaments decke auch die Änderungen ab. Es sei nach Ansicht des KG nicht erforderlich, dass die Unterschrift der zeitlich letzte Akt der Testamentserrichtung darstelle. Auch die Ankündigung der Abänderung des Testaments eingangs des Testaments spreche dafür, dass die Unterschrift am Ende des Testaments auch die Änderungen abdecke.
C. Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung stellt, zunächst in formaler Hinsicht klar, dass durch die fortlaufende Nummerierung im Text des Testaments und der Verwendung von fortlaufenden Seitenzahlen – auch, wenn die Seiten des Testaments nicht untrennbar miteinander verbunden sind – ein formwirksames Testament gegeben ist (OLG Hamm, Beschl. v. 19.09.2012 – I-15 W 420/11). Das Testament ist auch dann eigenhändig unterschrieben, wenn nachträglich Ergänzungen oder Veränderungen des Testamentstexts – von der Unterschrift abgedeckt – vorgenommen werden (BGH, Urt. v. 20.03.1974 – IV ZR 133/73 – NJW 1974, 1083; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.02.1986 – 8 W 553/85 – NJW-RR 1986, 632; BayObLG, Beschl. v. 09.12.1985 – BReg 1 Z 90/85 – FamRZ 1986, 835-838; BayObLG, Beschl. v. 07.06.1994 – 1Z BR 69/93 – FamRZ 1995, 246-249; Weidlich in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 2247 Rn. 4).
D. Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung bestätigt die bisherige Ansicht der Rechtsprechung in Bezug auf Form und Unterschrift. Um jedoch Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden, sollte das Testament grundsätzlich ohne nachträgliche Änderungen auskommen. Das heißt, der Testierende sollte sein Testament ggf. zur Vermeidung von Unsicherheiten insgesamt neu handschriftlich abfassen, sein vorheriges Testament ausdrücklich für unwirksam erklären, neu datieren und unterschreiben.
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