Nachfolgend ein Beitrag vom 8.7.2016 von Höger, jurisPR-BGHZivilR 12/2016 Anm. 1

Leitsätze

1. Die formularvertragliche Regelung, wonach ein Erbenermittler seinem Kunden gegenüber erst dann zu (weiteren) Tätigkeiten verpflichtet ist, wenn er von allen ermittelten Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhalten hat, ist wirksam.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt dieser aufschiebenden Bedingung trifft den Kunden.
3. Vor Begründung einer Betätigungspflicht ist der Erbenermittler grundsätzlich nicht gehalten, seinem Kunden Auskunft und Rechenschaft zu geben.

A. Problemstellung

Die Entscheidung befasst sich mit der formularvertraglichen Regelung der Beauftragung und Vergütung eines gewerblichen Erbenermittlers sowie dem Auskunftsanspruch des Erben gegenüber dem Erbenermittler.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Auskunft und Herausgabe von Unterlagen in Anspruch. Die Beklagten sind gewerbliche Erbenermittler. Mit Schreiben vom 24.10.2012 teilten sie dem Kläger mit, dass dieser als Miterbe des verstorbenen X (nachfolgend: Erblasser) in Betracht komme und baten ihn um Unterzeichnung und Rücksendung eines beigefügten – jeweils standardisierten – Vollmachtformulars und eines Honorarvertragsformulars. Danach sollte das Honorar der Erbenermittler 25% des Nettonachlasses (zzgl. Mehrwertsteuer) betragen und bei Auszahlung des Anteils am Nachlassvermögen oder Übernahme des dem Kläger zustehenden Nachlassanteils fällig werden; sämtliche den Erbenermittlern bis dahin entstandenen Kosten sollten damit abgegolten sein. Der Aufgabenkreis der Erbenermittler sollte die Klärung der verwandtschaftlichen Zusammenhänge, die Beschaffung der für den Erbennachweis erforderlichen Urkunden, Entwurf und Einreichung des Erbscheinsantrags beim Nachlassgericht, Vorbereitung der Erbschaftsteuererklärung und Verteilung des Nachlasses umfassen. Das Vollmachtformular bezog sich auf alle den Nachlass des Erblassers betreffenden Angelegenheiten. Weiter teilten die Beklagten dem Kläger im Anschreiben zu den beigefügten Formularen mit, dass die Bearbeitung davon abhängig gemacht werde, dass sie auch von allen weiteren ermittelten bzw. noch zu ermittelnden Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhielten. Der Kläger sandte die unterzeichneten Vollmacht- und Honorarvertragsformulare zurück.
Nachfolgend forderte der Kläger die Beklagten wiederholt auf, ihm Auskunft und Rechenschaft über den Stand der Nachlassangelegenheit zu geben und ihm die insoweit erlangten Unterlagen zuzusenden. Die Beklagten teilten dem Kläger das vorhandene Bankguthaben des Erblassers und ihre Erkenntnisse zu den Verwandten des Erblassers mit, wiesen aber darauf hin, dass noch erforderliche Unterlagen fehlten. Nähere Auskünfte oder Unterlagen wurden dem Kläger nicht übermittelt. Mit seiner auf den §§ 611, 675 Abs. 1 BGB i.V.m. den §§ 666, 667 BGB gestützten Klage begehrt er nunmehr von den Beklagten, ihm umfassend Auskunft über sämtliche bisherigen Bemühungen zur Ermittlung sämtlicher gesetzlicher Erben zu erteilen und die zur Beantragung des Erbscheins erforderlichen Dokumente herauszugeben sowie ihm sämtliche versendeten und eingegangenen Schriftstücke im Zusammenhang mit der Erbenermittlung zur Verfügung zu stellen. Die Beklagten berufen sich darauf, noch nicht von allen Miterben entsprechende Vollmachten und Honorarverträge erhalten zu haben, weshalb bereits keine Tätigkeitspflicht bestünde.
Die Klage hatte in den Instanzen keinen Erfolg. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger wurde vom BGH zurückgewiesen.
Nach Ansicht des BGH haben die Parteien wirksam einen Erbenermittlungsvertrag abgeschlossen, für dessen Inhalt die Honorarvertrags- und Vollmachtsformulare gemeinsam mit dem diesbezüglichen Anschreiben maßgeblich seien (Rn. 15 bis 20). Danach sei die vereinbarte Vergütung von den Beklagten bereits mit der Ermittlung des betreffenden (Mit-)Erben „verdient“, sie sei jedoch zugleich erfolgsabhängig ausgestaltet, indem sie an die Realisierung des Erbanspruchs geknüpft sei. An Leistungen hätten die Beklagten alle zur Durchsetzung des Erbanspruchs künftig noch erforderlichen Maßnahmen versprochen. Allerdings hätten die Beklagten, was sich aus deren bei der Auslegung zu berücksichtigenden Anschreiben vom 24.10.2012 ergebe, die Verpflichtung (nicht: die Berechtigung) zur weiteren Tätigkeit davon abhängig gemacht, dass sie von allen ermittelten Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhalten. Damit sei die Tätigkeitspflicht unter eine aufschiebende Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB gestellt worden.
Die formularvertragliche Beschränkung der Tätigkeitspflicht (Bedingung) sei als AGB wirksam und weder überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB; Rn. 23) noch intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB; Rn. 25 bis 27) oder unangemessen benachteiligend (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB; Rn. 28 bis 36). Die Regelung sei im Wortlaut klar und unmissverständlich und stelle die weitere Bearbeitung zulässigerweise in den Beurteilungsspielraum der Beklagten, weshalb die Bearbeitung eingestellt werden könne, wenn sich die Sache als unwirtschaftlich oder die Ermittlung weiterer Erben als mit unangemessen großen Schwierigkeiten verbunden herausstelle. Die Beklagten hätten auch ein berechtigtes Interesse daran, ihre vertragliche Pflicht zur Vornahme aller zur Durchsetzung des Erbanspruchs erforderlichen Schritte vom Abschluss weiterer Honorarvereinbarungen mit den übrigen ermittelten bzw. noch zu ermittelnden Erben abhängig zu machen, weil der Ermittlungsaufwand zum Zeitpunkt des ersten Vertragsschlusses mit einem Miterben letztlich (noch) nicht absehbar sei und eine unbedingte Tätigkeitspflicht mit nicht überschaubaren wirtschaftlichen Risiken verbunden wäre. Andererseits hätten sie auch ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresses bis zum Abschluss entsprechender Vereinbarungen mit sämtlichen Miterben, weil sich die weiteren Miterben bei Bejahung einer Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gegenüber dem ersten vertragsschließenden Miterben kaum zu einer Vergütungsvereinbarung bewegen lassen würden, wenn sie die benötigten Informationen über den ersten vertragsschließenden Miterben erlangen könnten. Im Übrigen sei es grundsätzlich Sache des Erben, sein Erbrecht geltend zu machen. Der Kläger sei hier auch nicht schutzlos gestellt, weil er bei Unzufriedenheit mit der Tätigkeit der Erbenermittler selbst beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen und dort weitere Ermittlungen anregen könne (§ 2353 BGB, §§ 342 Abs. 1 Nr. 4, 26 FamFG). Überdies könne er selbst Ermittlungen anstellen. Für ihn bleibe schließlich der Vorteil, dass er bei Unterbleiben der Auszahlung oder Übernahme des Erbes trotz Tätigkeit der Erbenermittler an diese keine Vergütung bezahlen müsse.
Den Bedingungseintritt habe der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht dargetan (Rn. 37 bis 40). Die Voraussetzungen der Grundsätze der sekundären Darlegungs- und Beweislast lägen nicht vor, weil dem Kläger zuzumuten sei, selbst Ermittlungen anzustellen oder einen Erbscheinsantrag beim Nachlassgericht zu stellen, worauf dieses von Amts wegen ermitteln müsse. Führte dies zu einem Ergebnis, könne er ggf. in Erfahrung bringen, ob die weiteren Miterben entsprechende Verträge geschlossen hätten und hierzu weiter vortragen.
Zwar seien die §§ 666, 667 BGB (Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflicht) hier grundsätzlich auf das Vertragsverhältnis der Parteien anwendbar. Diese regelten allerdings nur Nebenpflichten, weshalb diesbezügliche Ansprüche nicht bestehen, solange – wie hier mangels Bedingungseintritt – noch kein Anspruch auf die Hauptleistung in Gestalt der eigentlichen Geschäftsbesorgung bestehe (Rn. 41 bis 45). Auch auf § 242 BGB lasse sich der Klageanspruch nicht stützen, weil sich der Kläger die zur Durchsetzung seines etwaigen Erbanspruchs erforderlichen Informationen selbst oder über das Nachlassgericht beschaffen könne und die Beklagten einer Auskunfts- und Rechenschaftspflicht ihr berechtigtes Geheimhaltungsinteresse entgegenhalten könnten (Rn. 46 bis 48).

C. Kontext der Entscheidung

Die gewerbliche Erbenermittlung mag zwar in der öffentlichen Wahrnehmung ein Nischendasein fristen, sie hat sich aber in den vergangenen Jahrzehnten durchaus zu einem selbstständigen Wirtschaftszweig entwickelt. Spezialgesetzliche Regelungen hierzu fehlen, der Erbenermittlervertrag unterfällt den Regelungen des Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrechts.
Nach der Rechtsprechung des BGH sind die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag auf den Erbenermittler nicht anwendbar und scheiden bei fehlender vertraglicher Regelung auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung aus (grundlegend BGH, Urt. v. 23.09.1999 – III ZR 322/98 – NJW 2000, 72; zuletzt BGH, Beschl. v. 18.06.2014 – III ZR 537/13 – ZEV 2015, 231; krit. hierzu Dornis, JZ 2013, 592, unter Verweis auf die Rechtslage in Frankreich und Österreich). Ein Vergütungsanspruch steht dem Erbenermittler gegen die Erben nur dann und insoweit zu, als er eine entsprechende Vereinbarung mit diesen schließt. Der Erbenermittler besorgt sich somit auf eigenes Risiko durch seine Ermittlungstätigkeit das Material, das er den Erben gegen Entgelt überlassen will. Dass er deshalb seinen Vergütungsanspruch schützen will, liegt auf der Hand und wird vom BGH – gerade vor dem Hintergrund seiner vorzitierten Rechtsprechung – mit dieser Entscheidung als berechtigtes Interesse anerkannt. Dann ist es konsequent, Auskunfts- und Herausgabepflichten in einer Konstellation wie der hiesigen zu verneinen.
Die Beauftragung eines gewerblichen Erbenermittlers kann auch durch Nachlassgerichte und Nachlasspfleger zulässig und im Einzelfall auch geboten sein, sofern deren eigene Ermittlungen zu keinem Erfolg führen (dazu Siegmann/Höger in: BeckOK-BGB § 1960 Rn. 12a, m.w.N.). Gerade bei wertvollem Nachlass erscheint dies nicht nur aus verfassungsrechtlichen Erwägungen geboten (Art. 14 GG), damit sich der Fiskus nicht dem Vorwurf ausgesetzt sieht, die Nachlassgerichte agierten im Hinblick auf die §§ 1936, 1964 BGB als „Richter in eigener Sache“. Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes muss dann aber gewährleistet sein, dass der Erbenermittler regelmäßig über den Stand der Ermittlungen informiert und muss sich das Nachlassgericht bzw. der Nachlasspfleger jederzeit selbst in die Erbenermittlung einschalten können (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.03.2014 – 3 Wx 192/13 – ErbR 2014, 493 Rn. 13). Vertragliche Regelungen wie die streitgegenständlichen kämen daher nicht in Betracht; das dürfte auch in Bezug auf die Vergütungsregelung gelten, die dann nach Aufwand zu berechnen wäre. Die durch pflichtgemäße Beauftragung eines Erbenermittlers entstandenen Kosten sind Nachlassverbindlichkeiten.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die vorliegende Entscheidung schafft ein gewisses Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für den gewerblichen Erbenermittler, der durch seine Ermittlungen oftmals in nicht unerhebliche wirtschaftliche Vorleistung geht, um unbekannte Erben zu ermitteln. Sein Vergütungsinteresse erscheint durchaus schutzwürdig, berücksichtigt man, dass der (zunächst) unbekannte Erbe ohne diese Tätigkeit, deren Unentgeltlichkeit er nicht erwarten kann, ggf. nie von seiner Erbenstellung erfahren würde. Wenn der Erbenermittler vor diesem Hintergrund eine vertragliche Tätigkeitsverpflichtung davon abhängig macht, dass er mit allen ermittelten oder noch zu ermittelnden Erben eine Honorarvereinbarung schließen kann und es seiner Einschätzung obliegt, inwiefern sich weitere ggf. kostspielige oder zeitintensive Ermittlungen „rechnen“, ist dies jedenfalls so lange nicht zu beanstanden, als für den vertragsschließenden Erben keine Vergütungs- oder Aufwendungsersatzpflicht anfällt, sofern die Tätigkeit des Erbenermittlers für den Erben „ohne Erfolg“ bleibt. Behielte sich der Erbenermittler Aufwendungsersatzansprüche für den Fall der erfolglosen weiteren Erbenermittlung oder der Einstellung seiner Tätigkeit vor, bestünden gegen eine AGB-Regelung wie die streitgegenständliche durchaus Bedenken.
Ob die Höhe der Vergütung der Erbenermittler (25% des Nettonachlass) angemessen war, stand nicht zur Beurteilung durch den Senat (vgl. hierzu OLG Brandenburg, Urt. v. 20.05.2008 – 11 U 157/07 – ZErb 2008, 278 Rn. 37 bis 39, wonach eine Vergütung zwischen 10% und 30% des Nettonachlass üblich sei, weshalb jedenfalls 20% auch unter Sittenwidrigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden seien).

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Der BGH verneint im Hinblick auf den Bedingungseintritt auch die Anwendung der Grundsätze zur sekundären Darlegungs- und Beweislast (Rn. 40). Dies erscheint hier zwar etwas streng, führt aber zu einem zutreffenden Ergebnis. Dass sich der Erbe die erforderlichen Informationen über seine Miterben tatsächlich selbst (durch eigene Ermittlungen oder Stellung eines Erbscheinsantrags und nachfolgende Amtsermittlungspflicht) beschaffen könnte (so Rn. 40 und 47), dürfte in der Praxis zwar nicht immer zutreffen. Dieser Umstand begründet für sich genommen allerdings keine Auskunfts- und Herausgabepflicht und kann hier auch nicht zur Anwendung der Grundsätze der sekundären Darlegungs- und Beweislast in dem Sinne führen, dass die Beklagten die weiter ermittelten Erben benennen und nachweisen müssten, von diesen keine Vollmacht und Honorarvertrag erhalten zu haben. Dem stehen nämlich wiederum die berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Beklagten entgegen (dazu Laumen in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, Grundlagen, 3. Aufl., Kap. 22 Rn. 34).