OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juni 2015 – I-3 Wx 103/14, 3 Wx 103/14 –, juris

Leitsatz

Zu den Anforderungen an die Feststellung einer Testierunfähigkeit infolge vaskulärer Demenz (hier: Aufhebung und Zurückverweisung wegen Aufklärungsdefiziten in Bezug auf konkrete auffällige Verhaltensweisen bei konstatierter „leichter bis mittelgradiger“ Demenz).

Orientierungssatz

1. Steht für einen Erblasser die Frage der Testierunfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung eines notariellen Testaments wegen fortschreitender vaskulärer Demenz in Rede, hat das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren die konkreten auffälligen Verhaltensweisen des Erblassers aufzuklären, sodann Klarheit über den medizinischen Befund zu schaffen und anschließend die hieraus zu ziehenden Schlüsse zu prüfen. Bestehen dann weiter Zweifel an der Testierfähigkeit, sind diese regelmäßig durch das Gutachten eines psychiatrischen oder nervenärztlichen Sachverständigen zu klären, wobei der Sachverständige anhand von Anknüpfungstatsachen den medizinischen Befund nicht nur festzustellen, sondern vor allem dessen Auswirkungen auf die Einsichts- und Willensbildungsfähigkeit des Erblassers zu klären hat.

2. Gemäß § 2358 Abs. 1 BGB hat das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren unter Benutzung der vom Antragsteller angegebenen Beweismittel von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben. Verfahrensrechtlich bestimmt § 26 FamFG, dass das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen hat. Welche Ermittlungen erforderlich sind, bestimmt das Gericht zwar grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen. Die von Amts wegen einzuleitenden und durchzuführenden Ermittlungen sind jedoch so weit auszudehnen, wie es die Sachlage erfordert, das Verfahren muss also geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für die zu treffende Entscheidung zu erlangen (Anschluss BVerfG, 10. September 2009, 1 BvR 1248/09, FamRZ 2009, 1897 und BGH, 28. April 2010, IV ZR 73/08, BGHZ 185, 272). Die richterliche Aufklärungspflicht ist verletzt, wenn Ermittlungen, zu denen nach dem Sachverhalt als solchem und dem Vorbringen der Beteiligten Anlass bestand, nicht durchgeführt worden sind; die Ermittlungen sind erst abzuschließen, wenn von weiteren Maßnahmen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (Anschluss BGH, 21. November 2012, XII ZB 306/12, FGPrax 2013, 86).