Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 6 W 76/14 –, juris

Orientierungssatz

1. Setzen sich Eheleute gegenseitig zu Alleinerben und ihr Patenkind zum Schlusserben ein, letzteres mit der Möglichkeit für den überlebenden Ehegatten im Fall einer enttäuschten Pflegeerwartung neu zu testieren, so bestehen gegen die Zulässigkeit eines solchen in einem gemeinschaftlichen Testament angeordneten Änderungsvorbehalts keine rechtlichen Bedenken.

2. Trifft der Testierende im Testament selbst Regelungen für verschiedene Möglichkeiten der künftigen Entwicklung, so fehlt es von vornherein an einer „irrigen Annahme oder Erwartung“ des Testierenden im Sinne des § 2078 Abs. 2 Alt. 1 BGB. In einem solchen Fall kann sich der Erblasser nicht in einem Motivirrtum befinden; seine Regelung für die von ihm antizipierten verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten kann nicht durch Anfechtung außer Kraft gesetzt werden (Vergleiche BayObLG München, Beschluss vom 19. Oktober 2000, 1Z BR 116/99).